Ein Turm ragt weit über die Zinnen der alten Burg hinaus, sonnt sich im Licht der untergehenden Sonne. Am Fenster sitze ich, flechte blaugrüne Bänder in mein schwarzes Haar. Lächelnd beobachte ich den Abschied der Sonne, wie sie ein letztes Mal die Hügel küsst und meine geliebte Heimstatt in ein unwirkliches feuerrotes Licht hüllt. Der Burghof leer, man hatte sich zurückgezogen um die Stunden zwischen Tag und Nacht im Stillen zu genießen. Jeder für sich, durchatmend und Kraft sammelnd nach einem langen Tag, für eine weitere lange Nacht. Auf der Weide zu Füßen des Finsterwaldes, der seine Schattenarme reckt um sich am satten Grün zu laben, dunkle Umrisse die friedlich den heran gebrochenen Abend genießen, schweifschlagend und flankenzuckend, wohlig mit den Zähnen mahlend, lange Wimpern über große liebevolle Pferdeaugen senkend. Einen hinteren Huf angewinkelt, den Hals träge gebeugt, den schweren Kopf müde haltend. Ich schließe die Augen und sehe genau dieses Bild vor mir. Ein leises Gähnen, mehr ein Winseln, befiehlt meinen Blick zurück in den Turm. Der große Hund räkelt sich zu meinen Füßen, dort wo die Sonne ihn weiß zeichnet, malt der Abend in flammend orange, die rabenschwarzen Flecke schimmern beim Tag blau, jetzt, dieses unwirkliche Licht, lasiert sie rostig rot. Seufzend streckt er sich und schlägt die Augen auf, sieht mich aus seinen Hundeaugen an und schenkt mir Einblick in sein Hundeherz, das so voll bedingungsloser Liebe für mich schlägt, das es mich zerreißen will vor Zuneigung für diesen meinen treuen Freund. Nur ein Gedanke, vielleicht noch ein Zucken meiner Mundwinkel, ein Kräuseln meiner Nase, lässt die Dogge aufspringen und sich an mich drängen. Genussvoll atme ich seinen vertrauten Duft, streichle sein weiches kurzes Fell und begegne seinem Blick mit ebenso viel Liebe und Treue wie dieser Moment es für einen Menschen zulässt. Lange sitzen wir so, wie lange, wer weiß? Der gellende Ruf der Falken zwingt uns beide zurück, von schweigender Unwirklichkeit in die laute Realität. Der große Kopf ruckt und hebt sich gen Himmel, ein freundliches Jaulen lässt keinen Zweifel daran dass wir wirklich sind. Schwanzschlagend tölpelt der Hund über den Holzboden in Richtung Falknerei um seine Freunde zu begrüßen. Ohne Eile folge ich ihm und es will mich abermals zerreißen, so innig berührt es mein Herz, als ich sehe, wie vertraut und freundschaftlich derart artfremde Geschöpfe miteinander umgehen. Die Falken auf ihren Sitzstangen, drehen ihre Köpfe gen Boden, wo der große Hund sitzend und hechelnd zu ihnen aufschaut. Seine Rute klopft einen fröhlichen Takt auf den Holzboden und die Schnäbel der Vögel öffnen und schließen sich im stummen Zwiegespräch. Nur Lug, der kleinere der Falken, sieht sich durch mein Eintreten veranlasst, seiner Kehle einen Ton zu entlocken um mich Menschen zu begrüßen. Das freudige Schlagen seiner Flügel animiert mich den Arm zu strecken und schon streckt er sich, schlägt einmal kraftvoll mit den Schwingen und lässt sich auf meinem Arm nieder. Sanft, ganz sanft und unendlich zärtlich, streichle ich über seinen unheimlich schönen Kopf. Fixiere seine schwarzen Augen und stelle mir vor, was er alles sehen mag auf seinen Flügen. Die unendlichen Weiten des Landes, die Ländereien der Burg. Den Weinberg, der nun seinen Herren gefunden hat. Der wilde Burggarten indem sich allerlei Kleingetier tummelt und dessen Obstbäume und Sträucher nicht nur uns Menschen so manches Festmahl auf den Tisch zaubern. Der große ruhige See, der die Ländereien um einen Ort der Ruhe und der Entspannung bereichert. Das Haus, das sich dieses Mantra auf die Fahnen geschrieben hat. Der geschäftige Tom, Herr dieses Hauses, der sich stets bemüht uns ein entspanntes Lächeln auf die Lippen zu zaubern. Den Finsterwald, mit all seinen Bewohnern, den wirklichen, den unwirklichen. „Sag mir Lug... welche geheimnisvollen Wesen hast Du schon erspäht, die sich für uns Menschen im
Verborgenen halten?“ Der Falke hebt sein Köpfchen, begegnet meinem Blick und schlagartig wird mir warm ums Herz. Als würde er mich verstehen dreht er sein Köpfchen und plustert sein Federkleid. Ich lausche... beobachte den Vogel und lasse mir berichten.
Ein pferdegleiches Wesen, so weiß, so rein, dass meine Falkenaugen tränen und mein Vogelherz einen Takt auslässt. So anmutig, wie nur ein heiliges Tier sich bewegen kann. Ein Horn auf der Stirn, das zu heilen vermag. Es hat keine Angst, aber es ist scheu. Es wacht über euch Herrin. Über euch und die Burg, mit all Ihren Bewohnern.
Ein Wolf, ein rabenschwarzer Wolf. Mit einem güldenen Stern auf der Stirn. Er wacht über Sie, über Sie allein. Er will euch nichts böses, euch Herrin und den anderen. Er ist ein Teil von Ihr. Niemand wird ihm je so Nahe kommen, wie Sie. Die, der jeder einen sehnsüchtigen Blick nachwirft. Die, die eure Gedanken antreibt, in Höhen, die ihr alleine niemals erreichen könntet. Die, die sich euch allen öffnet und die ihr doch niemals begreifen werdet.
Ein Greif, viel größer als ich, viel größer als Atlas. Schmutzig und grau sein Äußerliches. Gefährlich und böse funkeln seine Augen. Die Harpie. Sie zerreisst mit Ihren Schwingen die Ruhe der Nacht. Funkelt giftig und es scheint sie sähe die Pest und Verderb. Doch sie will nur Ruhe, sie will entkommen. Den Menschen, die ihr böse Dinge nachsagen. Sie ist verbittert das ist wahr. Und diese Bitterkeit macht sie böse. Doch im Grunde... sie will nur Ruhe.
Die Feen, mit Ihren spitzen Öhrchen und Ihren Libellenflügeln. Sie besiedeln das Seeufer welches euch von euch noch unentdeckt blieb. Sie schauen gerne nach der Frau, die sich oft zurückzieht an die kleine Bucht, dort wo die Enten Ihre Jungen versorgen. Sie erzählen immer, wie schön sie ist. Wie traurig sie oft wirkt. Sie zaubern Nachts oft mit ihrem Feenstaub Muster auf den See. Nur um diese Frau, und Ihren Wolf, lächeln zu sehen.
Der Neck, der das Wasser bewohnt. Der kleine vorlaute Geist, der die Fische ärgert und den Enten an den Flossen zupft, wenn sie über seine Höhle schwimmen. Atlas hat ihn davon abgehalten, der Nymphe das Kleidchen zu rauben. Er hat ihm auf den Kopf gepickt, bis der Neck sich in den tiefen See zurückgezogen hat. Es ist oft lustig ihn zu beobachten bei seinen Streichen. Aber er ist frech, zu frech. Wir Falken werden ein Auge auf Ihn haben.
Der Mantikor... halb Löwe halb Skorpion. Er ist schon alt, wird euch schwerlich gefährlich werden. Aber spornt euer Pferd an, sobald Ihr ihn erblickt. Schaut euch nicht um, nehmt sofort Reißaus. Ihr werdet hier gebraucht Herrin, im Magen des Mantikors, nützt Ihr uns allen wenig.
Und sie würden weinen... die Vampyre, die Dank euch ein Fleckchen gefunden haben, wo sie sich verbergen können. Verbergen? Sie wandeln unter euch und Ihr Menschen merkt es nicht. Doch das ist gut so. Würdet Ihr sie erkennen, Herrin, Ihr würdet euch wundern. Einige Menschen hätten sicher Angst. Es ist besser, Ihr erkennt Sie nicht.
Mit großen Augen und tief gerührt, lausche ich den Worten? Den Gedanken des Falken auf meinem Arm. Ich vermag nicht zu sagen, träume ich, oder spricht er wirklich zu mir. Sanft streichle ich über sein schönes Federkleid und setze ihn zurück auf die Stange. Ich ziehe mich zurück, seltsam berührt und lasse die drei Tiere, die drei Freunde allein. Ich entscheide für mich, er hat zu mir gesprochen, weil mir die Vorstellung gefällt. Und wer will sich da einmischen? In meine Vorstellungen?